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„MUBIKIN sollte allen Kindern zugänglich sein“

„MUBIKIN sollte allen Kindern zugänglich sein“

„Ich habe schon an anderer Stelle sehr gute Erfahrungen mit MUBIKIN gemacht. Deshalb wollte ich das auch hier einbauen“, sagt Gül Karakoc, Leiterin des städtischen Kindergartens Heisterstraße. Kennengelernt hat sie das Programm als Erzieherin im Kindergarten Frankenstraße, wo sie die MUBIKIN-Fortbildung mitgemacht und im Tandem gearbeitet hat. Als sie 2019 die Position als Leiterin in der Heisterstraße antrat, hat sie auch hier begonnen, die Musik gezielter in den Alltag des Kindergartens einzubauen. Seit dem Schuljahresbeginn 2020 ist diese Einrichtung nun Teil von MUBIKIN und bietet Musikunterricht im Tandem an.

Konzentriert machen die Kinder mit, und einfach ist es nicht: In diesem Auftakttanz im Kindergarten Heisterstraße in Nürnberg geht es darum, zuerst mit der Ferse, dann mit der Fußspitze auf den Boden zu klopfen, dann zu stampfen, zu hüpfen, Schulter, Hände und Finger koordiniert zu bewegen, auf einem Bein stehend den anderen Fuß kreisen zu lassen. Besonders bemerkenswert: Die Kinder sind vier Jahre alt. Und sie bleiben konzentriert während des MUBIKIN-Unterrichts von Musikpädagogin Lana Cantzler. Beiläufig lernen sie, auf dem Xylophon zu spielen, Farben zu erkennen, und am Ende fügen sich Gesang, Bewegung und Spiel ganz selbstverständlich zu einem Lied. Ohne es zu bemerken, haben die Kinder viel gelernt, und nehmen ihre fröhliche musikalische Stimmung mit hinaus in ihren Gruppenraum.

Der Kindergarten Heisterstraße liegt auf der Grenze zwischen zwei Schulsprengeln, dem der Friedrich-Wilhelm-Herschel-Schule und dem der Maiacher Schule. Ursprünglich hätte letztere sich für MUBIKIN bewerben wollen, was sich aber nicht realisieren lies, da eines der Aufnahmekriterien ist, dass sich Schule und Kitas eines Sprengels gemeinsam bewerben. Jetzt ist zwar die Maiacher Schule nicht beteiligt, „wir arbeiten aber auch eng mit der Herschelschule zusammen“, so Karakoc „Wir machen zum Beispiel gemeinsame Veranstaltungen zu Weihnachten oder gemeinsame Konzerte“. Etwa die Hälfte der Kinder geht nach dem Kindergarten in die Schule am Herschelplatz.

Gül Karakoc, Leiterin Kindergarten Heisterstraße

Musikpädagogin Lana Cantzler,
Musikschule Nürnberg

Das ist der Höhepunkt dieser Stunde: Musikpädagogin Lana Cantzler von der Musikschule Nürnberg steht mit geschlossenen Augen vor den Kindern, dirigiert sie blind, und die Kinder geben das ihnen entgegenbrachte Vertrauen zu 100 Prozent zurück. Die Vorschulkinder lieben sie und Gesa Rust, die stellvertretende Leiterin und MUBIKIN-Partnerin des Kindergartens, schätzt sie sehr: „Die Stunden sind toll aufbereitet, in kleinen kindgerechten Schritten geht es voran, und plötzlich ist ein Lied da.“ Nicht nur hätten die Kinder eine große Freude an der Musik entwickelt und diese in ihren Alltag mitgenommen. Sondern mit MUBIKIN könnten die Kinder ein anderes Selbstvertrauen und eine andere Persönlichkeit entwickeln.

Wie wird Musik dauerhaft in den Alltag integriert? „Wir haben zum Beispiel in jeder Gruppe ein großes Xylophon stehen, die Kinder dürfen frei darauf spielen“, so Einrichtungsleiterin Karakoc. Damit die Kinder Musik besser hören, sehen, anfassen, spüren können, wurden auch Klangschalen angeschafft. „Kinder sind unsere Zukunft. Mit Musik lernen sie nicht nur Melodien und Rhythmik, sondern auch Bewegung und Sprache“, erklärt Karakoc. Gerade Kindern aus eher bildungsfernen Familien helfe Musik sehr. „Alle Kinder sind beim Musikunterricht voll integriert, und der Spracherwerb kommt mit dem Singen quasi automatisch.“ Die Kinder nehmen ihre Lieder nicht nur mit in den Kindergarten-Alltag, sondern auch mit nach Hause.

Die Musik-Bausteine der Kita und MUBIKIN ergänzten sich sehr gut und schafften einen Mehrwert für die Kinder, resümiert Karakoc. „Wir sind in der Einrichtung keine Expert*innen für musikalische Früherziehung“, gibt sie freimütig zu. Dank des Einsatzes von MUBIKIN-Musikpädagogin Lana Cantzler sei es gelungen, das Musizieren nicht nur im Konzept, sondern auch im Kita-Alltag noch besser zu verankern. Die Musikpädagogin kommt gut an, sagt sie: „Lana Cantzler ist eine tolle Persönlichkeit, was sich auch daran zeigt, wie gut sie die Kinder einfängt.“ Die Kinder hätten sogar schon für „ihre“ Lana gebastelt.

Die zweite Gruppe Vorschulkinder an diesem Tag beschäftigt sich damit, mit welchen Instrumenten man akustisch Wind, Regen, Blitz, Donner erzeugen und wie man einen Regenbogen und das Himmelszelt darstellen kann. Bevor die Kinder an die Instrumente können, bringen sie Bilder entsprechend dem vorgegebenen „Wetter“-Text in die richtige Reihenfolge. Dann geht es los mit Klanghölzern, Rührtrommel, Becken, Triangel. Im Wechsel wird gedonnert, geregnet und gewindet was das Zeug hält – aber (fast) immer im richtigen Rhythmus. Die Melodie, zu der die Kinder „arbeiten“, kommt aus Israel, klingt also nicht ganz vertraut. „Das ist zwar anspruchsvoll“, sagt Cantzler, „aber neue Klänge und Rhythmen wecken auch neue Bilder, geben neue Anregungen“. Deshalb bringe sie von ihren Reisen von überall Musik mit. Neue Anregungen erhalten nicht nur die Kinder, sagt Tandempartnerin Polly Politt: „Wir bekommen immer wieder Ideen, nehmen diese in unsere Arbeit auf.“ MUBIKIN, sagt sie, „ist ein Stück Entspannung für die Kinder und uns.“ Nach den Musikstunden „wirken die Kinder gelassener und fröhlicher“. Als sie beispielsweise „ihre“ Lana auf dem Weg zum Spielplatz einmal getroffen hätten, hätten sie spontan begonnen zu singen.

Gül Karakoc will noch mehr Musik für ihre Einrichtung: In allen Gruppenräumen soll es künftig Musikecken geben, in denen sich die Kinder selbständig an Instrumente annähern könnten. Zudem sollen Eltern-Kind-Gruppen zum gemeinsam Musizieren eingerichtet werden. Ihre guten Erfahrungen verbindet sie mit einem noch größeren Wunsch: „MUBIKIN sollte allen Kindern zugänglich sein.“ Auch darin ist sie sich mit ihren Kolleginnen und Lana Cantzler einig.

Bericht: Dr. Mark Derbacher
Fotos: Peter Miodek

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